Wie gründet man eine österreischische Arbeitsstiftung
Grundlagen zur betrieblichen Arbeits-und Sozialstiftung
| Gerhard Figl | Arbeitsstiftung

Wie gründet man eine Arbeitsstiftung in Österreich?
Ein praxisorientierter Leitfaden für Unternehmen, Organisationen und Entscheidungsträger
Warum dieser Artikel relevant ist
Viele Unternehmen sehen sich im Zuge von Restrukturierungen, Standortverlagerungen oder Personalabbau mit der Herausforderung konfrontiert, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozialverträglich zu begleiten. Die Arbeitsstiftung ist eines der wirkungsvollsten arbeitsmarktpolitischen Instrumente in Österreich – doch ihre Gründung wirft zahlreiche Fragen auf:
Welche Rechtsform ist geeignet? Welche Förderstellen sind involviert? Welche Schritte sind notwendig?
Dieser Beitrag bietet einen fundierten Überblick zur Gründung von Arbeitsstiftungen in Österreich – praxisnah, rechtlich abgesichert und mit strategischem Mehrwert für Unternehmen.
Was ist eine Arbeitsstiftung?
Eine Arbeitsstiftung ist eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme, die Menschen nach Verlust ihres Arbeitsplatzes gezielt bei der beruflichen Neuorientierung, Umschulung oder Qualifizierung unterstützt. Die Stiftung wird in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice (AMS), Sozialpartnern, Bildungsträgern und – je nach Modell – regionalen Stellen umgesetzt.
Das Ziel: Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen rasch und nachhaltig in neue Beschäftigung zu integrieren.
Rechtsformen für Arbeitsstiftungen
Der Begriff „Stiftung“ wird nicht im klassischen juristischen Sinn verwendet. Vielmehr handelt es sich um eine Organisationsform, die mit unterschiedlichen Rechtsformen aufgebaut werden kann. Die Wahl der Rechtsform beeinflusst Struktur, Haftung, Gemeinnützigkeit und operative Umsetzbarkeit wesentlich.
1. Verein
Der Verein ist die in der Praxis am häufigsten gewählte Form für Arbeitsstiftungen.
Vorteile:
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Rasch und kostengünstig zu gründen
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Gemeinnützigkeit ist einfach zu beantragen
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Demokratische Struktur (Mitgliederversammlung, Vorstand)
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Gut geeignet für Kooperation mit AMS und Partnern
Wichtig:
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Der Vereinszweck muss arbeitsmarktpolitisch relevant und gemeinnützig sein
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Statuten müssen den Vorgaben des Vereinsgesetzes entsprechen
Praxisbeispiel: „Verein zur beruflichen Reintegration der Mitarbeiter:innen der XY GmbH“
2. Gemeinnützige GmbH (gGmbH)
Für umfangreiche, professionell geführte Stiftungsprojekte bietet sich die gGmbH an.
Vorteile:
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Klare haftungsrechtliche Struktur durch Stammkapital
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Unternehmerische Führung und operative Effizienz
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Gemeinnützigkeit möglich, sofern entsprechend ausgelegt
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Besonders geeignet für längerfristige Projekte
Wichtig:
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Gründungskosten und administrativer Aufwand höher als beim Verein
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Gemeinnützigkeit muss beim Finanzamt beantragt und laufend dokumentiert werden
Praxisbeispiel: „XY Qualifizierungs-GmbH – gemeinnützige Arbeitsstiftung für Industrieumschulung“
3. Privatrechtliche Stiftung
Weniger verbreitet, aber in Einzelfällen als Struktur denkbar – insbesondere bei langfristiger Kapitalbindung.
Vorteile:
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Dauerhafte Vermögensbindung möglich
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Hohe rechtliche Selbstständigkeit und Stabilität
Nachteile:
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Komplexe Gründung (Notariatsakt, Stiftungserklärung)
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Kein klassischer gemeinnütziger Status
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Hoher Kapitalbedarf und eingeschränkte Flexibilität
Fazit: Für typische arbeitsmarktpolitische Zwecke nicht zu empfehlen – aber in Sonderfällen (z. B. bei Konzerngrößen) eine denkbare Option.
Voraussetzungen für die Gründung
Um eine Arbeitsstiftung erfolgreich umzusetzen, sind bestimmte Rahmenbedingungen erforderlich:
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Eine klar definierte Zielgruppe (z. B. gekündigte Mitarbeiter:innen, Arbeitslose, Umschüler:innen)
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Förderbereitschaft des AMS – dazu ist ein Projektantrag erforderlich
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Einbindung der Sozialpartner (Gewerkschaft, Wirtschaftskammer)
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Eine geeignete Rechtsform mit gemeinnützigem Stiftungszweck
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Organisatorischer Rahmen (Projektleitung, Beratung, Bildungsplanung, Controlling)
Die fünf Schritte zur Gründung einer Arbeitsstiftung
1. Zielgruppe und Bedarf analysieren
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Welche Personen sollen unterstützt werden?
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Welche Qualifikationen oder Umschulungen sind erforderlich?
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Gibt es bestehende Angebote, die ergänzt oder ersetzt werden sollen?
2. Rechtsform und Trägerstruktur festlegen
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Gründung eines Vereins oder einer gGmbH
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Erstellung von Statuten oder Gesellschaftsvertrag
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Beantragung der Gemeinnützigkeit
3. Kooperation mit AMS und Sozialpartnern
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Projektantrag beim AMS einreichen
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Abstimmung mit Fördergebern und Kollektivvertragsparteien
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Einbindung von Bildungspartnern, Sozialberatungen, Trägern
4. Finanzierung und Budgetplanung
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Gemeinsame Finanzierung durch AMS, Unternehmen, Länder/Regionen
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Planung von Weiterbildungsgeld, Beihilfen, Sachkosten, Verwaltungskosten
5. Start der operativen Umsetzung
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Aufnahme von Teilnehmer:innen
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Start von Qualifizierungen, Beratungen und Coachings
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Laufende Evaluierung und Reporting an Förderstellen
Wann lohnt sich eine eigene Arbeitsstiftung?
Eine eigene Arbeitsstiftung ist besonders sinnvoll, wenn:
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Mehr als 15 bis 20 Personen betroffen sind
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Keine offene Stiftung vorhanden oder geeignet ist
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Der Qualifizierungsbedarf strukturiert und planbar ist
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Das Unternehmen soziale Verantwortung sichtbar wahrnehmen möchte
Fazit: Mit einer Arbeitsstiftung gestalten Sie Veränderung aktiv und sozial verantwortungsvoll
Eine durchdachte Arbeitsstiftung ist weit mehr als eine Notlösung – sie ist ein strategisches Instrument, mit dem Unternehmen sozial nachhaltige Lösungen für Umbruchsituationen schaffen. Ob als Verein oder gGmbH: Mit einem klaren Konzept, erfahrenen Partnern und der richtigen Struktur entsteht eine Plattform für Zukunftsperspektiven – für Menschen, Regionen und Branchen.
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